In der Debatte rundum die parlamentarische Initiative «Zugangsschranken öffnen – Diversität und Teilhabe ermöglichen», bei der eine Änderung des Personalstatus bei städtischen Mitarbeitenden gefordert wird, überschlugen sich die Bürgerlichen mit reisserischen Wortmeldungen. Mit der Initiative sollten auch Menschen ohne Schweizer Pass, Zugang zu Positionen beispielsweise in der KESB, der Sozialbehörde, oder auch der Stadtpolizei erhalten. Gerade in Bezug auf die Stadtpolizei kam es zu einer hitzigen – und wenig sachlichen – Diskussion zum herrschenden Rassismus. Durch einen Beschluss des Kantonsrats im Februar wird der Schweizer Pass bereits für die Zulassung zur Polizeiausbildung vorausgesetzt. Hier hebelt der Kanton einen Teil der parlamentarischen Initiative aus und mischt sich in die Politik auf kommunaler Ebene ein. Zuvor waren in Winterthur wenigstens Bewerber:innen ohne Schweizer Pass bei der Stadtpolizei zugelassen, solange sie sich bis zur Vereidigung einbürgern lassen. Als die AL im Parlament ihr Bedauern über die verpasste Chance ausdrückte, mit mehr Diversität rassistische Tendenzen bei der Polizei zu reduzieren, gab es von Seiten der SVP, EDU und Mitte kein Halten mehr.
Es wurden Beweise für Rassismus gefordert und von Generalanschuldigungen einer gesamten Berufsgruppe gesprochen. Anzweiflung und Verleugnung von Rassismus und kolonialer Beteilung in der Schweiz hat System. Die Forderung nach Beweisen und Belegen ist daher einfach nur zynisch.
Seit 1999 sind – soweit wir wissen – fünfzehn Personen of Color durch die Polizei getötet worden oder in Polizeigewahrsam gestorben. Ganz zu schweigen von den Menschen, die in Asylzentren verstorben sind. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Racial Profiling ist für Menschen of Color Alltag, reproduziert Demütigungen und fördert Stigmatisierung und Kriminalisierung in der Öffentlichkeit.
Zum wiederholten Mal hat der UNO-Ausschuss gegen rassistische Diskriminierung CERD festgestellt, dass die gesetzlichen Bestimmungen gegen rassistische Diskriminierung in der Schweiz unzureichend sind. Das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage erschwert den Kampf gegen Rassismus. Opfer haben keinen Schutz in grundlegenden Lebensbereichen, wie Wohnen und Arbeiten.
Der CERD erachtet es auch als besorgniserregend, dass es in den Schweizer Kantonen an unabhängigen Beschwerdestellen und Untersuchungsmechanismen fehlt, polizeiliches Fehlverhaltens und rassistisch motivierte Polizeikontrollen abzuklären. Ausserdem fordert der Ausschuss die eidgenössischen und kantonalen Behörden auf, ein ausdrückliches Verbot von Racial Profiling im Gesetz zu verankern und einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Racial Profiling zu entwickeln.
Mit diesen Fakten zu strukturellem Rassismus und Polizeigewalt konfrontiert, gab sich die bürgerliche Seite überrascht und besorgt. Wie gross die Bereitschaft für strukturelle Veränderungen in unserem System und das Verständnis zu Rassismus bei den Menschen ist, die Entscheidungen über unser aller Leben fällen, ist jedoch fraglich. Beim diskutierten Ausländer:innenstimmrecht auf kommunaler Ebene waren sich die Bürgerlichen, dann wieder schnell einig, dass wer mitbestimmen will, sich einfach einbürgern lassen soll.
Klar ist, dass die AL weiterhin unbequem bleibt und sich für eine antirassistische Praxis einsetzt.